Der zunehmende Mangel an Arbeits- und Fachkräften stellt den stationären Einzelhandel vor große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, alle verfügbaren Potenziale zu nutzen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) bewertet daher die von der Bundesregierung geplante Aktivrente als sinnvolle Maßnahme, um ältere Beschäftigte länger im Berufsleben zu halten.

Was ist die Aktivrente und wie funktioniert sie?

Die geplante Aktivrente soll Anreize schaffen, auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten. Konkret plant die Bundesregierung die Einführung eines Steuerfreibetrags von bis zu 2.000 Euro monatlich für sozialversicherungspflichtige Einnahmen aus nichtselbstständiger Beschäftigung. Wer also die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat und weiterarbeitet, kann von seinem Arbeitslohn bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.

HDE: Babyboomer-Generation wird im Einzelhandel dringend benötigt

„Wir brauchen die Babyboomer-Generation in den Betrieben noch weiter. Das macht die demografische Entwicklung sehr deutlich“, erklärt Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales. Tatsächlich ist der Personalengpass im stationären Handel eine der größten Herausforderungen für Geschäfte, Einkaufscenter und Kaufhäuser in ganz Deutschland.

Kritikpunkte: Widersprüche im Gesetzesvorhaben

Allerdings sieht der HDE das Gesetzgebungsvorhaben nicht ohne Widersprüche. Haarke kritisiert, dass zeitgleich die teuren Anreize für Frühverrentungen – die sogenannte Rente mit 63 – nicht abgeschafft werden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht ebenfalls von der Steuerprivilegierung profitieren sollen. „Hier muss die Politik im anstehenden Gesetzgebungsverfahren dringend nachsteuern. Die Anreize für das Arbeiten im Alter sollten an Selbstständigen nicht vorbeigehen“, fordert Haarke. Eine solche Differenzierung würde nur unnötig komplizierte Rechtsfragen aufwerfen.
Mit Blick auf die komplexe betriebliche Umsetzung komme der geplante Start zum 1. Januar 2026 wohl etwas zu früh, so der HDE-Geschäftsführer.

Forderung: Flexible Wochenarbeitszeit statt täglicher Höchstarbeitszeit

Darüber hinaus fordert der Handelsverband die schnelle Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit. „Das EU-Recht sieht das längst so vor. Der deutsche Sonderweg bei der Arbeitszeit ist nicht rational. Die Beschäftigten selbst wollen diese Flexibilität“, betont Haarke.
Die öffentliche Debatte müsse versachlicht werden. Die Wochenarbeitszeit bleibe gleich, lediglich die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit werde entsprechend geltendem EU-Recht flexibilisiert. „Da muss die Politik schnell ran. Das lässt sich im Arbeitszeitgesetz auch leicht umsetzen“, so Haarke. Ein Tarifvorbehalt sei unnötig, da weder EU-Recht noch der Koalitionsvertrag dies vorsehen.

Wichtige Schritte gegen den Fachkräftemangel

Die Aktivrente ist ein wichtiger Schritt, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel im stationären Einzelhandel zu begegnen. Vom lokalen Geschäft über Möbelhäuser bis hin zu großen Shopping-Centern – alle Betriebe profitieren von der Erfahrung und dem Know-how älterer Mitarbeiter. Jetzt ist die Politik gefordert, die bestehenden Widersprüche zu beseitigen und zusätzlich die längst überfällige Flexibilisierung der Arbeitszeit umzusetzen.